Autor
Der Schweizer Hermann Burger (1942–1989) zählt zu den wichtigsten deutschsprachigen Autoren des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Für seine Werke erhielt er zahlreiche Preise – so etwa 1977 den Preis der Schweizerischen Schillerstiftung für den Roman Schilten: Schulbericht zuhanden der Inspektorenkonferenz (1976), 1980 den C.-F.-Meyer-Preis, 1983 den Friedrich-Hölderlin-Preis für den Roman Die Künstliche Mutter (1982) und 1985 den Ingeborg-Bachmann-Preis für die Erzählung „Die Wasserfallfinsternis von Badgastein“.
1942 10. Juli: Geburt im Kantonsspital Aarau als erstes Kind der aus St. Gallen stammenden Hausbeamtin Gertrud Pfendsack (1915–1984) und des Versicherungsinspektors Hermann Burger (1910–1982) aus der aargauischen Gemeinde Burg. Kindheit im Elternhaus an der Pilatusstrasse in Menziken, Kanton Aargau.
1948 6. Mai: Geburt des Bruders Christoph.
1949-1954 Besuch der Primarschule in Menziken. 4. Dezember 1949: Geburt der Schwester Kathrin.
1954-1958 Besuch der Bezirksschule in Menziken. 30. März 1958: Konfirmation.
1958-1961 Heramann BurgerBesuch der mathematischen Abteilung (Typus C, ohne Latein) an der Alten Kantonsschule Aarau. Burger wohnt unter der Woche zuerst im Kosthaus seiner Schule, dann als Untermieter in einem Zimmer am Kunsthausweg 18 in Aarau. Jahr für Jahr Teilnahme am Maienzug, der damals jeweils am zweiten Freitag im Juli stattfand. Ende 1960 Eintritt in die Gymnasiasten-Verbindung Argovia, deren Vizepräsident er nicht zuletzt dank seines Kandidaturvortrags Ein Künstler (Oder auch: Von der Kunst) vom 21. März 1961 bereits im darauf folgenden Semester wird. Erlangung der Maturität am 23. September 1961.

 

 

 

 

 

 

 

← Maienzug: Hermann Burger v/o Fis, damals Vizepräsident der Argovia, im Vollwichs eines Hornfuxen (links) und André Tinturier v/o Kick, damals scheidender Präsident der Industria, mit dem Bakel in der rechten Hand (rechts), am 14. Juli 1961 vor der Alten Kantonsschule Aarau.

1961/62 Immatrikulation für das Wintersemester an der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich und Besuch von Vorlesungen in den Fächern Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie. Zugleich Belegung von Zeichenkursen an der Kunstgewerbeschule Zürich. Erste eigene Schreibetüden.
1962 Im Frühjahr Ableistung der (obligatorischen) Rekrutenschule: Ausbildung zum Panzerfahrer. Unmittelbar danach, im Juni, Einrücken in die Unteroffiziersschule, aus der Burger aber krankheitsbedingt (Gastritis) nach einer Woche wieder entlassen wird. Immatrikulation an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich: Aufnahme eines Studiums der Architektur im Wintersemester. Wohnort: Klusdörfli 7, Zürich.
1963 Regelmässiger Besuch der Vorlesungen über Literatur bei seinem künftigen Förderer Karl Schmid an der Freifächerabteilung (für Geistes- und Sozialwissenschaften) der ETH Zürich. Oktober: Niederschrift der Budenstadt-Geschichte Eine Illusion, die unpubliziert bleibt. Dezember: Erste Textveröffentlichung in den von Anton Krättli herausgegebenen Aargauer Blättern.
1964 Unterbruch des Architekturstudiums im Sommer; Burger wohnt wieder im Elternhaus in Menziken. Bis Ende Jahr Stellvertretung als Lehrer in Oeschgen (Fricktal, Aargau), unterbrochen durch den ersten militärischen Wiederholungskurs in Walenstadt. Zum Jahreswechsel erscheinen in den von Anton Krättli redigierten Aarauer Neujahrsblättern Gedichte von Burger.
1965 Auf Empfehlung von Karl Schmid bringt Werner Weber am 14. Februar erstmals Gedichte Burgers in der Neuen Zürcher Zeitung zum Abdruck. Definitive Entscheidung zum Abbruch des Architekturstudiums. Bezug eines Zimmers an der Augustin-Keller-Strasse in Aarau und Re-Immatrikulation an der Universität Zürich: Aufnahme eines Studiums der Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (favorisierter Professor: Emil Staiger), Kunstgeschichte und Didaktik des Mittelschulunterrichts. Pro forma erneutes Einrücken in die Unteroffiziersschule und Entlassung am ersten Tag. Die militärischen Wiederholungskurse leistet Burger fortan als Büroordonnanz ab. 1. Juli: Umzug in ein Zimmer der Studentischen Wohnbaukommission der Hochschulen Zürich an der Münstergasse 25. Im Herbst Stellvertretung als Lehrer an der Bezirksschule Menziken.
1966 Im Mai, während eines Kolloquiums bei Karl Schmid, Bekanntschaft mit Anne Marie Carrel (* 1942), einer Juristin aus Biel.
1967 Mai: Verlobung mit Anne Marie Carrel. Rückkehr nach Aarau: Am 1. Oktober Einzug in die gemeinsame Wohnung am Gönhardweg 6. 7. Oktober: Hochzeit in Menziken. Im Artemis Verlag erscheint, abermals auf Vermittlung von Karl Schmid, das erste Buch: Rauchsignale: Gedichte.
1968 Neben dem Studium als Hilfslehrer an der Alten Kantonsschule Aarau tätig. Der Abdruck des Gedichts An alle Linksextremisten im Aargauer Tagblatt vom 15. Juni zieht Leserbriefe nach sich. In der Juli-Ausgabe des Schweizer Spiegels wird das Prosastück Bork veröffentlicht. Juli/August: Arbeit an Prosastücken wie Die Ameisen oder Tod im Café im Hinblick auf eine Erzählsammlung in Calascino sopra Brissago (Tessin): „Zum Schreiben und Ruhen“, teilt er seinem Kollegen Hans Boesch am 23. Juli mit, „ist es herrlich hier. Eine besonnte Terrasse, an deren Brüstungsmauer ich sitze, Blick auf das tief unten liegende, spielzeughaft aufgebaute Brissago und den halben Lago Maggiore“. 21. September: Teilnahme an der von der Kulturstiftung Pro Argovia organisierten Schriftstellertagung „Begegnung mit der Zukunft“ in Rheinfelden mit dem Prosastück Die Leser auf der Stör.
1969 Ab Juni Arbeit an einem autobiographischen Roman aus der Ich-Perspektive, die nach zwei Kapiteln wieder zum Erliegen kommt, aus denen Burger dann aber Ich will Pfarrer werden und Das Lochbillard als eigenständige Prosastücke auskoppelt und leicht überarbeitet veröffentlicht. Ab Mitte des Jahres als freier Mitarbeiter beim Aargauer Tagblatt zusammen mit Anton Krättli für die Redaktion der Monatsbeilage „literatur + kritik“ zuständig. Weitere Prosastücke entstehen wie etwa Die Illusion, eine erheblich erweiterte Fassung der frühen Geschichte Eine Illusion von 1963. Ab November freier Mitarbeiter bei den Schweizer Monatsheften.
1970 Lokalbericht Hermann BurgerIm Sommer erneut in Calascino: Aufnahme der Arbeit am Roman Lokalbericht.


Im Herbst erscheint im Artemis Verlag der Band Bork, in dem – mit Ausnahme von Die Illusion – die in den Jahren zuvor verfassten Prosastücke versammelt sind. Umzug an den Nelkenweg 4, Aarau, per 1. November. Niederschrift der Blauschwarzen Liebesbriefe für den von Anton Krättli mitherausgegebenen Band Mitten in der Schweiz: Fünfzehn Ansichten über den Aargau (1971). Bewerbungen bei der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia um einen Werkauftrag für einen neuen Erzählband und beim (im Jahr zuvor gegründeten) Aargauischen Kuratorium für die Förderung des kulturellen Lebens um ein Werkjahr, das ihm die Fertigstellung des Lokalberichts ermöglichen soll.

 

 

 

 

 

Hermann Burger an seiner Hermes Media 3 auf der Terrasse der Casa Kutter in Calascino sopra Brissago im August 1970. →

1971 Burger präsentiert an Lesungen wiederholt Ausschnitte aus dem Lokalbericht, so etwa im Literarischen Club Zürich am 14. Januar das Kapitel "Barzels Universalroman" (das dann leicht überarbeitet am 20./21. März unter dem Titel Universalschriftsteller im Sonntags Journal veröffentlicht wird), am 22. Januar "Aufstand der Dichter" und "Geneigter Leser" in der Literarischen und Lesegesellschaft Aarau sowie am 9. März "Besuch beim Kritiker" in der Buchhandlung Lüthy, Solothurn. Im Spätfrühling erste psychosomatische Symptome: starke Unterleibsschmerzen, die sich in den nächsten Jahren jeweils ab Ende Frühjahr wiederholen werden und ihn u. a. an der Weiterarbeit am Lokalbericht hindern. Im Mai erteilt die Pro Helvetia den ersuchten Werkauftrag, und im Juni entspricht das Aargauische Kuratorium dem Gesuch um ein Werkjahr. Weitere Lesungen aus dem Lokalbericht: am 19. Juni – in Teufenthal und erneut auf Einladung der Literarischen und Lesegesellschaft Aarau – "Jugendfestumzug" sowie am 5. September anlässlich des Altherrentags der Argovia in Wohlen die "Lehrer-Skizze". 2. Oktober: Burger hält am Lehrer-Seminar Wettingen, Aargau, die Rede Wovon soll der Lehrer leben? Kurz darauf kündigt er seine Stelle als Hilfslehrer an der Alten Kantonsschule Aarau. Fertigstellung der von Emil Staiger betreuten Lizentiatsarbeit Auf der Suche nach der verlorenen Sprache: Zum Gestaltungs- und Sprachproblem bei Paul Celan und Vorbereitung auf die anstehenden Schlussprüfungen. Aufnahme der Arbeit an einem Lyrikband mit dem Arbeitstitel Kindergedichte. 19. Dezember: Publikation von Der Puck: Ein Wintermärchen in der Neuen Zürcher Zeitung.
1972 Lizentiatsprüfungen. 11. Februar: Verleihung des Titels Licentiatus philosophiae durch die Universität Zürich. Anfang April Einzug im alten Pfarrhaus auf dem Kirchberg von Küttigen, Aargau. Aufnahme der Arbeit an einem neuen Roman in der Casa Pantrovà (Carona, Tessin), die jene am Lokalbericht ablöst und – unterbrochen durch viermonatige Krankheit – in den letzten zwei Monaten des Jahrs in eine Vorstudie zum Roman Schilten: Schulbericht zuhanden der Inspektorenkonferenz mündet. Zugleich Ausbau der Lizentiatsarbeit über Paul Celan zu einer Dissertation.
1973 Ende Januar Beginn der ersten Fassung von Schilten. 8. Februar: Promotion summa cum laude bei Emil Staiger. Ab dem 11. April Festanstellung beim Aargauer Tagblatt als Redaktor der mittlerweile wöchentlich erscheinenden Beilage "literatur + kritik" (später: "literatur + kunst"). Sechsmonatige Weiterarbeit an Schilten (Fassungen 2–5) und Inangriffnahme einer Habilitationsschrift zur Schweizer Gegenwartsliteratur.
1974 Beginn (langjähriger) Psychotherapien. Publikation der Dissertation unter dem Titel Paul Celan: Auf der Suche nach der verlorenen Sprache als Band 42 der Reihe "Zürcher Beiträge zur deutschen Literatur- und Geistesgeschichte". Ernennung zum Doktor der Philosophie am 10. Juni. Niederschrift einer unveröffentlicht bleibenden Erinnerung an die Entstehungszeit des Lokalberichts unter dem Titel Maienzug. Ab Juni Weiterarbeit an Schilten (Fassung 6). 4. August: Karl Schmid, der Mentor, stirbt unerwartet. Fertigstellung der (abgesehen vom Kapitel über Peter Bichsel) unveröffentlicht bleibenden Habilitationsschrift Studien zur zeitgenössischen Schweizer Literatur und Gesuch um Erteilung der Venia Legendi an der Abteilung XIIA für Geistes- und Sozialwissenschaften der ETH Zürich am 1. Oktober. Im Wintersemester erster Lehrauftrag für eine Vorlesung als (ein) Ersatz Schmids.
1975 Beitritt zum Rotary Club Aarau. Ab März Wiederaufnahme der Arbeit an Schilten (Fassung 7). 21. März: Geburt des ersten Sohnes Hermann Christian Laurent. Probevortrag im Rahmen des Habilitationsverfahrens an der ETH Zürich zu zwei Gedichten aus Eduard Mörikes Bilder aus Bebenhausen am 4. Juni. Beginn der Tätigkeit als freier Mitarbeiter bei der Neuen Zürcher Zeitung. Im Juli/August Verfertigung der achten und letzten Fassung von Schilten in Hermann Hesses einstigem Tessiner Domizil, der Casa Camuzzi in Montagnola. 1. Oktober: Erteilung der Venia Legendi; von da an Privatdozent für Deutsche Literatur an der ETH Zürich.
1976 Lehrauftrag für Deutsche Literatur an der Höheren Pädagogischen Lehranstalt Zofingen, Aargau (bis 1981). Am 1. Juli hält Burger an der ETH Zürich seine Antrittsvorlesung "Hermann Hesses Steppenwolf-Krise". Spätsommer: Schilten erscheint im Artemis Verlag, begleitet von einer Ausstellung mit Fotos des 'Originalschauplatzes' von Werner Erne im Kunsthaus Aarau. 7. September: Geburt des zweiten Sohnes Matthias Wolfgang Kaspar. Die Kantonale Literaturkommission Zürich entspricht Burgers Gesuch um ein Werkjahr für die Verfertigung eines Romans mit dem Arbeitstitel Brenner. 4. Dezember: Auszeichnung der Kulturförderung der Stadt Zürich für Schilten. Unter dem Titel Skizzen zu einer Kleinstadt-Fest-Prosa werden zum Jahresende in den Aarauer Neujahrsblättern leicht überarbeitete Kapitel aus dem Lokalbericht abgedruckt.
1977-1989 Der Rest von Burgers immer turbulenter werdendem Leben, dem er am 28. Februar 1989 mit einer Überdosis Medikamente ein Ende setzte, lässt sich nachlesen auf der Zeittafel in: Hermann Burger: Poetik Traktat, mit einem Nachwort von Ulrich Horstmann. Hg. v. Simon Zumsteg. München: Nagel & Kimche, 2014 (= Werke in acht Bänden 8), S. 351–363.
1991 Hermann Burgers Nachlass – von der Schweizerischen Eidgenossenschaft von dessen Erben bereits im Herbst 1989 erworben – findet Aufnahme im frisch gegründeten Schweizerischen Literaturarchiv, Bern.
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